Die Kühe
Als 2014 einer der wichtigen Kuhbauern in Zermatt bekannt gab, er werde seine Tiere – vom Aussterben bedrohte Eringer-Kühe – aufgeben, horchte Paul Julen auf. Ihm war klar: Nicht nur für die Rasse der Eringer, sondern auch für die Käserei im Dorf wäre dies eine folgenschwere Entscheidung. Die Käserei ist für die Herstellung von Zermatter Käse auf heimische Milch angewiesen. Zur Schliessung durfte es nicht kommen. «Der Gedanke, eigenen Tradition Julen Käse für das Raclette in der Schäferstube herzustellen und gleichzeitig die Eringer-Rasse bewahren zu helfen, gefiel mir immer besser.» Also kaufte er – ein Mann der Schafe – Kühe.
«Ich bin nach wie vor viel mehr der Schäfer», stellt Paul Julen klar. Doch das Blitzen in seinen Augen verrät: In seinem grossen Herz für Tiere haben auch die Kühe Platz. Die Sympathie war jedoch nicht von Anfang an gegenseitig: «Sie stellten oft das Fell, wenn ich ihnen nah kam. Dass sie sich inzwischen gerne streicheln lassen, berührt mich. Auch ihr Blick ist ganz anders und sie geben schon deutlich mehr Milch. Ja, ich habe richtig Freude an den Kühen», gesteht er. «Vor allem in der Natur sind sie «hüärä schön» anzusehen.»
Besonderer Käse
Alle Julen-Kühe zusammen geben Milch für 1.5 Tonnen Alpkäse, welcher täglich die Frühstücksbuffets der Tradition Julen Hotels bereichert. Die Milch der Wintermonate wird in der Horu Käserei in Zermatt zu feinem Raclettekäse verarbeitet. Diesen geniessen die Gäste in der Schäferstube. «Der eigene Raclettekäse kommt sehr gut an. Kein Wunder: Alles, was unsere Tiere fressen, ist heimisch. Auf 1600 Metern Höhe sind das viele saftige Kräuter und Blumen – das gibt dem Käse seine ganz besondere Note», lächelt Paul Julen.
Hoch oben in den Bergen sind die Kühe von Juni bis September. Während die Braunen und die Red-Holsteiner bei Roli Ammanns Vater auf der Alp sind, weiden die Evolener sozusagen alleine am Fusse des Matterhorns. Sie sind äusserst gebirgstauglich, robust und laufen in den Bergen fast so gut wie Schafe. Sie sind sehr temperamentvoll und unter sich oft auch kämpferisch. Menschen gegenüber verhalten sie sich jedoch lieb und zahm.
Einmal in der Woche geht Paul Julen zu seinen Evolenern hoch, bringt ihnen Salz und Brot. Beobachtet sie in freier Natur, dort, wo sie – wie auch die Schafe – am allerschönsten anzuschauen sind. Das sind die Momente, in denen das Schäferherz unüberhörbar laut auch für die Kühe schlägt.